Zerstörende Batterietests

Zerstörende Batterietests

Neu konzipiertes System für zuverlässige Prüfumgebung

Inwieweit Batterien leistungsfähig und sicher bleiben, wenn sie Einflüssen ausgesetzt sind, die außerhalb ihres vorgesehenen Betriebs entstehen können, zeigen sogenannte Abuse-Tests. Bei diesen Extremprüfungen kommt es meist zum thermischen Durchgehen der Batterie. Zum Schutz von Personal und Einrichtung braucht es eine entsprechende Testumgebung, die Weiss Technik neu entwickelt hat. Der Bericht erläutert die Ergebnisse der Beta-Tests.

Tests als Basis für den Einsatz von Batterien

Voraussetzung für die Einführung von Batterien und ihre Verwendung in automobilen Anwendungen sind eine Reihe von Tests. Die Testbedingungen sind in nationalen wie internationalen Normen und Standards festgelegt. Zusätzlich gibt es unternehmensinterne Richtlinien, vor allem im Bereich der Automobilindustrie, welche sich von den offiziellen Testvorgaben unterscheiden können und neben der Zertifizierung auch zu Entwicklungszwecken dienen. Diese Batterieprüfungen werden auf Zell-, Modul-, Pack- oder Fahrzeugebene durchgeführt.

Einige Prüfungen erfolgen außerhalb des spezifizierten Betriebsbereichs der Batterien und dienen zum Nachweis ihrer Sicherheit und Funktionsintegrität. Häufig kommt es dabei zum sogenannten thermischen Durchgehen der Batterie (engl. thermal runaway) – was eine geeignete Prüfumgebung erfordert.

Extra entwickeltes Testsystem für die zerstörende Batterieprüfung

Die von Weiss Technik neu konzipierte Prüfumgebung besitzt einen tertiären Explosionsschutz, der die Auswirkungen einer Explosion oder Havarie, wie Druck- und Wärmefreisetzung, auf ein unbedenkliches Maß reduziert. Der Prüfraum kann regelmäßig auftretende Havarien von Batterien (Feuer und Gasexplosionen) ohne Schaden überstehen und ist auf eine druckstoßfeste Bauweise zusammen mit der Druckentlastungseinrichtung gemäß ATEX-Richtlinie (Wasserstoff, Gasgruppe 2C) zertifiziert.

Das Testsystem besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: Druckentlastungsmechanismus, Prüfraum und Gestell. Das Testsystem ist modular aufgebaut, sodass es abhängig von den Prüfanforderungen mit entsprechenden Zusatzoptionen (Test-Equipment) ausgestattet werden kann.

Das Test-Equipment dient zur Durchführung von thermischen, mechanischen und elektrischen Prüfungen. Für thermische Prüfungen lässt sich der Prüfraum mit einem externen Luftkonditionierungsmodul, welches die Regelung der gewünschten Temperaturen erlaubt, kombinieren. Zum Zweck von mechanischen Prüfungen (zum Beispiel Penetrations- oder Integritätsprüfung) kann eine mechanische Presse durch den Unterboden geführt werden. Speziell für die extremen Bedingungen ausgelegte Wanddurchführungen, welche eine Verkabelung des Prüflings oder die Durchführung von Messsensorik in den Prüfraum erlauben, ermöglichen die Durchführung elektrischer Testversuche.

Zudem werden in Zukunft weitere Zusatzoptionen für das Testsystem verfügbar sein, wie beispielsweise eine Hochgeschwindigkeitskamera, auswechselbare Innenverkleidung (Verschmutzungsproblem) oder eine Gasanalytik. Außerdem wird derzeit die Entwicklung und Zertifizierung von einem nachgeschalteten Bereich einschließlich integrierter Abgasaufbereitung forciert, welcher an den Prüfraum angeschlossen wird und die Ausbreitung von schadhaften Substanzen in die Umgebung minimiert.

Nachfolgend werden die ersten Untersuchungen mit dem neuen Testsystem an zwei verschiedenen Batteriezellen beziehungsweise einem Zellverbund beschrieben.

Aufbau und Beschreibung der Testversuche

Das Bild zeigt die schematische Darstellung des Versuchsaufbaus für die Zerstörungsprüfungen. Der Prüfraum (ExtremeEvent) wird in einem brand- und druckbeständigen Laborraum aufgestellt, welcher über eine Lüftung verfügt.

Während der zerstörenden Sicherheitsprüfung wird die Temperatur sowohl im Prüfraum als auch an den Wandoberflächen und am Prüfling gemessen. Zudem wird der Druck im Prüfraum an zwei Stellen gemessen. Die Messsensoren befinden sich durch die integrierten Wanddurchführungen im Prüfraum, sodass ein Wärme- und Stoffaustausch mit der Umgebung unterbunden wird.

In Bild 3 sind die relevanten Eigenschaften der untersuchten Batteriezelle tabellarisch aufgeführt. Es wurde ein Zellverbund aus insgesamt sechs Batteriezellen für den Versuch herangezogen. Konkret handelt es sich um eine NMC-Batteriezelle (chemische Verbindung bestehend aus Nickel-Mangan-Cobalt als Aktivmaterial für Kathode), die gegenüber anderen Zelltypen eine vergleichsweise heftige Reaktion aufweist.

Parameter Value Unit
Capacity / cell group C=50 / C=300  Ah
State of charge (SOC) SOC=100% %
Rated voltage V=3.7 V V
Dimensions (length x width x height) 148 x 92 x 27 mm
Mass m=855 g

Die Zellen werden, wie in Bild 4 gezeigt, mit einer Spannpratze zusammengehalten und auf einer Heizplatte (1 kW) gleichmäßig erwärmt, bis das thermische Durchgehen der Zellen eintritt.

Nach einer Zeitdauer von circa 30 Minuten erreichen die Zellen an der Unterseite (TDUT, unten) fast 290 Grad Celsius. Auf der Oberseite liegen die Temperaturen zu diesem Zeitpunkt bei knapp über 100 Grad Celsius (TDUT,oben), siehe Bild 5. Kurz danach kommt es zu einem enormen Ausgasen (Venting) und schließlich zum thermischen Durchgehen.

Innerhalb von etwa 25 Sekunden gasen fünf Zellen vollständig aus, wobei sich das Gas aufgrund der hohen Zelltemperatur direkt entzündet (thermisches Durchgehen). Eine Zelle (Zelle 02) geht deutlich früher (circa 6 Minuten) in den Zustand des thermischen Durchgehens über. Der geringe zeitliche Versatz mit Ausnahme von Zelle 02 ist an den Spannungsverläufen beziehungsweise den Spannungsabfällen U in Bild 6 erkennbar. Es entstehen zwei Druckspitzen während des thermischen Durchgehens der Zellen. Der maximale Druck an beiden Messstellen liegt ungefähr bei 15 (Pbottom) und 17 mbar (ptop), wodurch der Druckentlastungsmechanismus aktiviert wird und sich die Klappen zum Teil öffnen. Während des thermischen Durchgehens steigt die Temperatur maximal auf über 660 Grad Celsius an der Oberseite der Zellen an. Die Lufttemperatur (TLuft) erreicht kurzzeitig 435 Grad Celsius, die Innenoberflächen an der Seitenwand beziehungsweise Prüfraumtüre maximal circa 190 Grad Celsius.

Parallel wurden Messungen mit einer Einzelzelle (vergleichbarer Zelltyp) durchgeführt, welche sich aktuell in der Entwicklung befindet und bezüglich Performance und Energiedichte optimiert ist. Die Kapazität ist mit ca. circa 190 Amperestunde deutlich geringer als beim untersuchten Zellverbund.

Im Unterschied zum Zellverbund wird in diesem Fall beim thermischen Durchgehen die Gas- und Wärmemenge zum gleichen Zeitpunkt freigesetzt - und ist nicht wie im vorangehenden Test (Zellverbund) durch einen zeitlichen Versatz charakterisiert. Auch hier wird die Zelle mittels einer Heizplatte (1,5 Kilowatt) zum thermischen Durchgehen gebracht, dabei ist jeweils eine Heizplatte seitlich an der Zelle angebracht. Das thermische Durchgehen zeigt hier eine deutlich heftigere Reaktion, wodurch es zu einer spontanen Explosion und zum Zerfall der Zelle kommt. Dementsprechend zeigen die Messergebnisse, dass die Reaktion auf den Prüfraum deutlich heftiger ausfällt. Das ist an der gemessenen Druckspitze deutlich zu erkennen.