Formstabile Leichtbauteile für energieeffiziente Autos

Im Fraunhofer-Institut (IWU) werden neue Materialien erfahrbar

Für Leichtbaukonzepte werden im Fahrzeugbau hybride Strukturen aus verschiedenen Materialien verwendet. Deren unterschiedliche Temperatur-Ausdehnungskoeffizienten sind dabei ein Risiko. Um dieses Risiko zu minimieren, haben wir einen Analyseofen entwickelt, der die Modelle zur Simulation der Lacktrocknung validiert.

Bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge spielt die Karosserie eine der wichtigsten Rollen. Leichtbaukonzepte wie der Mischbau dienen der Gewichtsreduzierung. Die Herausforderung dabei besteht darin, Toleranzen wie die Genauigkeit der Einzelteile, das Spannen, Punktfügen, Falzen und die Trocknung von Teilen mit kathodischer Tauchlackierung (KTL-Trocknung) zu beherrschen. Schwankungen von Funktionsmaßen sind sichtbar und verringern die Qualität. Bei Aluminium-Mischbauweisen können Toleranzabweichungen durch die unterschiedliche Wärmeausdehnung der Werkstoffe in thermischen Prozessen entstehen. Dadurch werden Dichtwirkung, Schließkräfte und Windgeräusche beeinflusst. Eine numerische Prognose der Maßhaltigkeit zur frühzeitigen Produktabsicherung ist also noch vor der Verfügbarkeit realer Teile und realer Ausrüstung nötig, um Qualität und Kosten im vorgesehenen Bereich zu halten.

Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Dresden arbeitet an der Prognose der Baugruppengeometrie in Abhängigkeit von relevanten Prozessgrößen. Der Fokus liegt dabei aktuell auf der Methodenentwicklung zur Parameteridentifikation für die Ersatzmodelle und die Darstellung der Maßhaltigkeitsänderung infolge thermischer Bauteilausdehnung. Außerdem gilt die Aufmerksamkeit dem Fixieren dieses Zustands durch Aushärtung von Klebstoffen im Lacktrocknungsprozess. Zur Simulation der Lacktrocknungsprozesse und der experimentellen Validierung der Modelle hat Vötsch Industrietechnik einen Analyseofen entwickelt, der das geregelte Temperieren der Bauteile und deren optische Vermessung während dieses Prozesses ermöglicht.

An den Ofen als experimentelle Plattform für den Prozessschritt KTL-Trocknung wurden zwei Anforderungen gestellt. Die Temperaturverteilung muss gleichmäßig sein und die Bauteildeformationen und Verschiebungen sollen mit optischer Messtechnik erfasst werden. Der Ofen verfügt dazu über eine große Fensterscheibe, um die präzise optische Vermessung der Messmarken auf den Bauteilen möglich zu machen. Für maximale Energieeffizienz ist diese abdeckbar. Die Temperatur von 220 °C entspricht den Bedingungen einer KTL-Trocknung.

Die homogene Temperaturverteilung im Ofen beträgt ±2 K und liegt damit im technisch bestmöglichen Bereich. Sobald der Ofen aufgeheizt ist, reduziert sich die Heizleistung im Vergleich zur Aufheizphase auf ein Drittel. Die optimale Temperaturverteilung wird durch die hohe Umluftleistung erreicht und außerdem durch eine spezielle Türkonstruktion unterstützt. Die Erzeugung der Umluft erfolgt durch drei Gebläse, durch die mithilfe eines Abluftgebläses und der Programmsteuerung definierte Temperaturrampen aufwärts und abwärts gefahren werden. Die bekannten Temperaturprofile der KTL-Durchlauföfen im Karosserierohbau werden optimal nachgestellt.

Mithilfe von Spurschienen im Boden und einem Beschickungswagen können die Werkstücke ausgerichtet, mit den erforderlichen Messpunkten versehen und im Ofen positioniert werden. Um genaue Messwerte zu erhalten, besteht die Scheibe aus Borosilikatglas mit geringem Brechungsindex und geringem Wärmeausdehnungskoeffizienten. Für eine gute Ausleuchtung zu jedem Anwendungszweck sorgen zudem vier temperaturbeständige, einzeln zuschalt- und dimmbare Halogen-Scheinwerfer im Nutzraum des Ofens. Durch eine Kaskadenregelung kann die Temperatur auf dem Werkstück exakt geregelt werden. Gemessen wird dies durch bis zu sechs am Werkstück befestigte Temperaturmessfühler. Eine spezielle Funktion der S!MPAC® Steuerung ermöglicht die Regelung über den wärmsten Fühler.

Über eine Ethernet-Schnittstelle ist der Ofen an ein übergeordnetes Rechnersystem angebunden, sodass die erfassten Daten wie der Temperaturverlauf über S!MPATI® direkt zur Verfügung stehen.

Die Messmethode während der Temperierung besteht aus einer Inline-3D-Geometriemessung (GOM PONTOS). Globale Bauteildeformationen und lokale Dehnungen im Bereich der Verbindung aufgrund von unterschiedlicher Wärmeausdehnung werden dabei analysiert. Die Verifizierung des Ersatzmodells für den Ofenprozess erfolgt in der Gegenüberstellung der im Experiment gemessenen Deformationen und der prognostizierten geometrischen Abweichungen.

Mit diesem komplexen Prüfsystem kann also das Verhalten der verschiedenen Materialien, die in der Mischbauweise verwendet werden, bei Hitze analysiert werden. Durch die präzise Messung der Teile während des Prüfvorgangs kann eine eventuelle Dehnung festgestellt werden. Verschiedene Materialien können so getestet und analysiert werden, bevor die Teile massenweise produziert werden.