Einsparpotenziale in Planung und Umsetzung von Reinräumen

Energieeffizienz im Reinraumbetrieb

Reinräume sind eine kostspielige Angelegenheit: Von der Planung über die Umsetzung bis zum Betrieb. Doch mit umsichtiger Planung können bereits im Vorfeld die Weichen für mehr Energie- und Kosteneffizienz gestellt werden – wenn man weiß auf was zu achten ist.

Allgemeine Anforderungen an Reinräume

Beginnen wir bei den Grundlagen: Die allgemeinen Rahmenbedingungen an Reinräume sind in mehreren Normen und Richtlinien definiert und enthalten für die Energieeffizienz relevante Faktoren. Die Einhaltung der jeweiligen Vorschriften ist nicht nur Voraussetzung für eine normkonforme Qualifizierung, sie gibt auch einen ersten Rahmen für das Energiesparpotenzial des Reinraums vor. So geben die DIN EN ISO 14644 Blatt 16 und die VDI 2083 Blatt 4.1 Vorgaben zur Energieeffizienz von Reinräumen und Reinluftgeräten. Der EU-GMP Leitfaden Anhang 1 beschreibt Maßgaben zu Abströmgeschwindigkeiten, Druckstufenkonzepten sowie Zeitvorgaben von Ruhe- und Betriebszustand. Hinzu kommen die DIN EN 1822 und DIN EN ISO 16890 mit Anforderungen an Schwebstofffilter und deren Klassifizierung, sowie die EN 16798-3 / TR EN 16798-4 mit allgemeinen Anforderungen an die Energieeffizienz von Nichtwohngebäuden und die Ökodesign-Richtlinie mit Rahmenparametern für Energieeffizienz von Ventilatoren und Luftgeschwindigkeiten im Gerät. Nicht zu vergessen, bleibt die ISO 5001 mit den Regelungen zu Energiemanagementsystemen, der Ermittlung von Energieleistungskennzahlen auf Prozessebene und Erfolgskontrolle von Optimierungsumsetzungen. Anhand dieser Parameter lassen sich bereits erste Maßnahmen zur Energieeinsparung planen, abhängig vom zukünftigen Einsatzgebiet des Reinraums.

User-Requirement-Specification – Lastenheft

Doch kein Reinraum gleicht dem anderen, die Anforderungen sind oft sehr individuell. Wesentlich spezifischer als Richtlinien sind daher die jeweiligen Anforderungen, die im Lastenheft des Reinraums vorgesehen sind. Grundsätzlich gilt: Die Anforderungen an den Prozess bestimmen die Anforderungen an die Klimatechnik. Die hier aufgeführten energierelevanten Einflussgrößen bieten unterschiedliche Einsparpotenziale beim Energieverbrauch. Bei der Raumtemperatur ist entscheidend, welche Umgebungstemperaturen für den Prozess erforderlich und welche Toleranzen dabei zulässig sind. Sofern die Raumfeuchte für das Produkt relevant ist, stellt sich auch hier die Frage nach den möglichen Toleranzen. Bei der Reinheitsklasse ist zunächst entscheidend, welche Anforderungen der Herstellprozess erfüllen muss oder im GMP-Umfeld welche Reinheitsklasse für den Prozess gefordert werden und welche Strömungsart (turbulente Mischlüftung oder turbulenzarme Verdrängungsströmung). Zudem sind die Lasten im Raum, die im Prozess durch Personenanzahl, Partikelfreisetzung, Maschinenabwärme und Prozessfortluft entstehen, Grundlage für die Festlegung des benötigten Luftwechsels. Neben der Art der Luftführung und dem Raumdruck hat der Prozess auch Einfluss auf den Mindestaußenluftbedarf, der den Energiebedarf des Reinraumes entscheidend erhöhen kann. Beachtet man all diese Faktoren bereits während der Planung, können beträchtliche Einsparpotenziale genutzt werden.

Technische Ansätze zur Energieeinsparung – Wärmerückgewinnung

Neben der Planung ist auch die eingesetzte Technik entscheidend, um Energie einzusparen. Ein Weg für mehr Energieeffizienz im Reinraumbetrieb kann eine effektive Wärmerückgewinnung in der Lüftungsanlage sein. Hier gibt es unterschiedliche Konzepte, die jeweils eigene Vor- und Nachteile besitzen:

Die Kreuzstrom/Gegenstrom Wärmeübertrager arbeiten mit reiner Wärmeübertragung über einen Plattenwärmetauscher Luft/Luft und erzielen Wirkungsgrade von bis zu > 90 %. Allerdings besteht bei ihnen das Risiko von Kreuzkontaminationen und das Konzept macht einen Vereisungschutz und zusätzliche Nacherhitzer erforderlich. Zudem besteht ein großer Platzbedarf im Lüftungsgerät.

Im Kreislauf-Verbund-System, das ebenfalls mit reiner Wärmeübertragung arbeitet, wird die Wärme über Wasser als Zwischenmedium zurückgewonnen. Somit lassen sich zusätzlich weitere Wärmequellen in das Verbundsystem integrieren und der Wirkungsgrad von Hochleistungssystem liegt bei bis zu 80%. Zudem besteht hier keine Gefahr einer Kreuzkontamination. Der Preis dieser Vorteile sind jedoch hohe Investitionskosten und ein hoher Platzbedarf.

Rotationswärmeübertrager kombinieren Wärme- und Feuchteübertragung und erzielen somit Wirkungsgrade von bis zu > 85 %. Zwar ist hier kein Frostschutz erforderlich, doch zwischen den Luftströmen kann es zu Kreuzkontaminationen kommen und das System sorgt für einen relativ hohen Druckverlust.

Über Umluft lässt sich mit geringen Investitionskosten eine hohe Energieeinsparung erzielen, wenn dies prozesstechnisch möglich ist. Allerdings besteht auch hier die Gefahr von Kreuzkontaminationen.

Neben der Wärmerückgewinnung im Lüftungssystem gibt es noch weitere Möglichkeiten zur Energierückgewinnung. Ein Ansatz ist die die Nutzung der Abwärme aus Rückkühlern der Kälteerzeugung oder der Einspeisung von Prozessabwärme.

Welche Konzepte und Maßnahme am effizientesten sind, hängt vom jeweiligen Reinraum und den technischen Rahmenbedingungen ab und muss immer im Einzelfall betrachtet werden.

Technische Ansätze zur Energieeinsparung - Wirkungsgrade von Lüftungsgeräten

Ein weiterer Ansatz für mehr Energieeffizienz ist die Optimierung der Lüftungsgeräte, zum Beispiel durch die Wahl der passenden Ventilatoren und Antriebstechnik. Um diese umzusetzen, gilt es einige Einflussfaktoren zu beachten, beginnend mit der Wahl des Lüftungskonzeptes. Dies hängt wie bereits beschrieben auch von den Anforderungen im Lastenheft ab. Entscheidend ist zudem die bedarfsorientierte Auswahl der Komponenten für die Lüftungsgeräte, um auch hier Effizienz und Anforderung zu vereinen. Weiterhin bietet das Kanalnetzes Einsparpotenzial. Zum einen sollte die Dichtheit der Kanäle bestmöglich gewährleistet sein, um Luft- und Leistungsverluste zu vermeiden. Zum anderen kann eine kurze und strömungsgünstige Kanalnetzplanung zu mehr Effizienz beitragen, indem man etwa die Luftgeschwindigkeit im Kanal optimiert oder die Technikzentrale möglichst nahe an den zu versorgenden Bereich anlegt.

Auch die Technik der Heiz- und Kühlleistung und das Temperaturniveau für beide Medien hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gesamteffizienz der Anlage. Höhere Kühlmedientemperaturen im Kältekreis sind gleichbedeutend mit einem besseren Nutzungsgrad, analog zu niedrigeren Heizmedium-Temperaturen. Bei passenden Temperaturen kann zusätzlich eine Teil der Kältetechnik in einer „Wärmepumpenschaltung“ genutzt werden.

Allgemeine Empfehlungen

Betrachtet man die aufgezählten Möglichkeiten und Einflussfaktoren, ergeben sich einige grundlegende Faustregeln für mehr Energieeffizienz im Reinraumbetrieb, die Sie immer beachten sollten:

-      Halten Sie die Außenluftmenge so gering wie nötig

-      Führen sie Umluftgeräte je nach vorhandener Platzmöglichkeit aus

-      Prüfen Sie die Wirkungsgrade der Anlagen und Anlagenkomponenten

-      Überlegen Sie grundsätzlich, ob die Anlage dauerhaft auf voller Leistung laufen muss oder ob unterschiedliche Betriebsphasen wie zum Beispiel Nachtabsenkung oder Wochenendbetrieb möglich sind

 

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